Interview: „Attraktive Investition"

In unserem Experten-Interview spricht der Fachjournalist Heiko Schwarzburger über Photovoltaik als Geldanlage, über die Wichtigkeit einer Diebstahlsicherung der eigenen Anlage und über das Projekt „Desertec".

Herr Schwarzburger, fallende Preise machen Solaranlagen auch in der
Finanzkrise immer attraktiver. Ist diese Preisentwicklung ein einmaliger Effekt?


Die Preise für Photovoltaikanlagen sind zwischen Herbst 2008 und Frühjahr 2009 um ein Drittel gefallen, von 4.500 Euro auf rund 3.000 Euro. Dieser Preis beinhaltet die Module, die Komponenten wie Wechselrichter und Anschlusskästen sowie die Installation auf dem Dach. Für diesen einmaligen Preissturz gab es mehrere Gründe: Im Oktober 2008 deckelte die spanische Regierung ihre Förderung für Solarstromanlagen. Deshalb mussten sich viele ausländische Hersteller einen anderen Absatzmarkt suchen. Deutschland als stärkster Markt für Photovoltaik rückte naturgemäß in ihr Blickfeld. Außerdem brach im Dezember die Finanzkrise aus. Viele Kunden waren verunsichert und zögerten bei den Investitionen. Und: Der lange Winter bescherte der Solarbranche ein sehr schwaches erstes Quartal, das Geschäft zog erst
Ostern wieder an. Mit der Sonne kehrte die Kauflust zurück. Seitdem haben die
Installateure alle Hände voll zu tun. Ein Preisverfall in dieser Größenordnung dürfte sich kaum wiederholen. Künftig bestimmen vor allem kostensenkende Effekte aus der Massenproduktion die Preise.

Können Sie die Auswirkung der Massenproduktion von Solarmodulen kurz
erläutern?


Das ist wie bei Autos. Erst durch die massenhafte Fertigung in automatisierten
Taktstraßen werden sie für den Endverbraucher überhaupt erschwinglich. Seit
Sommer 2008 sind in Deutschland viele neue Werke für Solarmodule entstanden. Diese zusätzlichen Kapazitäten bedeuten, dass die Solarwirtschaft nun an der Schwelle zur Massenfertigung der begehrten Module steht. Jeder Hersteller ist fieberhaft bemüht, seine Produktionslinien so weit es geht zu verschlanken, um die Kosten zu drücken. Man muss wissen, dass die Kosten der kristallinen Module zu drei Vierteln von den Siliziumzellen bestimmt werden, die darin stecken. Bei den Dünnschichtmodulen schlagen vor allem das Glas und die Prozessgase zu Buche, die zur großflächigen Abscheidung der Halbleiterschichten notwenig sind. Man kann davon ausgehen, dass künftig die Preise jährlich um zehn Prozent sinken.

Das heißt, Sie können Solarstrom weiterhin als Geldanlage empfehlen?

Unbedingt. Wenn die Preise weiter sinken, und das werden wir erleben, bleibt die Photovoltaik eine attraktive Investition. Sie lohnt sich vor allem für private Kunden, die über die entsprechenden Dächer oder Freiflächen zur Aufstellung der Module verfügen. Denn die Kostensenkung hält mit der im Erneuerbare-Energien-Gesetz vorgeschriebenen Absenkung der Einspeisevergütung zum ersten Januar eines jeden Jahres Schritt. Diese so genannte Degression liegt in der gleichen Größenordnung. Man wird also weiterhin eine Solarrendite von vier bis sechs Prozent erwirtschaften. Vorausgesetzt, die Anlage ist klug geplant und fachgerecht installiert.

Wie steht es um die Energiebilanz von Solarmodulen?

Der technologische Wettlauf um die Absenkung des Verbrauchs an Material, Wasser und Energie ist bei den Herstellern von Solarzellen, Solarmodulen und der übrigen Anlagentechnik im vollen Gange. Anders können sie ihre Preise nicht senken und ihre Absatzmärkte erweitern. Also wird sich auch die Energiebilanz der Solarmodule weiter verbessern. Derzeit spielt ein Solarmodul innerhalb von einem bis zwei Jahren die Energiemenge wieder ein, die zu seiner Herstellung benötigt wurde. Der Wert schwankt je nach Art des Halbleiters und des Solarmoduls. Dünnschichtmodule haben deutlich die Nase vorn, denn ihre Verbrauchswerte sind im Vergleich zu kristalliner Siliziumtechnik sehr gering. Dafür erzielen die kristallinen Module höhere Solarerträge.
Ich empfehle, beim Kauf von Solaranlagen nicht nur auf den Preis je Watt
Solarleistung zu achten. Schauen Sie sich genau an, wie lange es dauert, bis sich die Solaranlage energetisch amortisiert. Der Fachbegriff dafür ist „Energy Pay Back“. Die entsprechende Angabe sollte sich im Datenblatt der Module finden.

Solaranlagen sind begehrtes Diebesgut. Wie ist hier die aktuelle Lage?

Sie waren es, derzeit hat sich die Situation entspannt. Im Frühjahr und Sommer 2008 waren kurzfristig keine Solarmodule am Markt verfügbar. Außerdem wurden Altmetalle wie Kupfer und Aluminium zu sehr hohen Preise gehandelt. Deshalb verzeichneten die Landeskriminalämter eine erhebliche Zunahme von Diebstählen. Die begehrten Solarmodule wurden nicht nur aus Solarparks, sondern sogar von privaten Dächern geklaut. Die beiden Motive sind nun nicht mehr gegeben.

Was kann man dennoch tun, um sich gegen Diebstahl abzusichern?

Man sollte seine Solaranlage auf alle Fälle gegen Diebstahl versichern, wie auch
gegen Hagelschlag oder Sturmschäden. Das sollte Teil der Police einer
Schadensversicherung sein, beispielsweise einer Allgefahrenversicherung. Und:
Jedes Solarmodul trägt eine Seriennummer. Diese Nummern werden im PVAnlagenpass vermerkt. Man kann sie aber auch in den Kaufvertrag eintragen, um sie bei Diebstahl griffbereit zu haben. Einige Landeskriminalämter wie beispielsweise Bayern führen ein Kataster mit gestohlenen Solarmodulen. Der
Solarenergieförderverein in Aachen stellt die Seriennummern gestohlener Module ins Internet (www.sfv.de). Hat man den Eindruck, dass man Hehlerware angeboten bekommt, sollte man die Nummern unbedingt überprüfen.

Wie sicher ist die Installation und worauf sollte man achten?


Die Anbieter von Montagesystemen für Solarmodule haben auf die Diebstähle
reagiert. So kann man bei der Montage der Module auf den Gestellen spezielle
Schrauben einsetzen, die sich ohne Spezialwerkzeug nicht lösen lassen. Bei einigen Schraubentypen brechen die Köpfe ab einem bestimmten Anzugsmoment ab, um die Demontage zu erschweren. Dann muss ein Fachmann ran. Neuerdings werden auch Montagesysteme angeboten, bei denen die Module mit Mehrkomponentenkleber auf den Gestellen verklebt werden. Auf jeden Fall sollte man sich von seinem Installateur erläutern lassen, mit welchen speziellen Kniffen er dem Diebstahl vorbeugt. Die regelmäßige Kontrolle der Solaranlage auf lockere Schrauben oder andere Verbindungen gehört gleichfalls zur Vorsorge.

Strom aus der Wüste? Was sagen Sie zum Projekt Desertec, bei dem sich 12 Großunternehmen zusammengeschlossen haben, um riesige Solarstromanlagen in der Sahara zu errichten und Afrika und Europa mit Solarstrom zu versorgen?

Bei Desertec geht es um die Idee, Sonnenlicht mit Hilfe großer Parabolspiegel
einzufangen und auf ein Wasserohr zu bündeln. Dies ist eine andere Technik als die der Photovoltaik. Das Wasser kocht, der Dampf treibt Turbinen zur Stromerzeugung an, wie in jedem klassischen Kraftwerk. Man spricht deshalb von solarthermischer Stromerzeugung, die eher zum Großkraftwerksbau zählt, nicht zur dezentralen Stromerzeugung wie die Photovoltaik. Allerdings wird bei diesem Projekt wohl nicht mehr als eine Absichtserklärung herauskommen.

Warum denken Sie, dass Desertec eine bloße Absichtserklärung bleiben wird?

Neue Technologien setzen sich nicht durch, weil sie eine hübsche Idee sind. Sondern sie treten in einen Markt ein, der nach wirtschaftlichen Spielregeln bestimmt wird. Wenn in der Sahara bis 2050 das Projekt Desertec Konturen annimmt, wird Solarstrom aus Photovoltaik weltweit längst so billig sein wie keine andere Energiequelle. Erst in drei Jahren sollen erste Konzeptstudien zu Desertec vorliegen. Allein bis dahin ist der Preis für Photovoltaik noch einmal um dreimal zehn Prozent jährlich gesunken. Solarthermische Kraftwerke sind aber besonders teuer. Abgesehen davon ist der schmirgelnde Wüstensand bisher für die Ingenieure eine ungeknackte Nuss, übrigens auch für Photovoltaikanlagen. Die Wüstenstürme überhäufen die Anlagen mit Dünen, die Gläser und Präzisionsspiegel werden regelrecht gesandstrahlt.

Also geben doch technische Hürden den Ausschlag?

Technische Probleme sind lösbar. Viel wichtiger ist die Frage, ob wirklich irgendjemand 400 Milliarden Euro in den Sand der Sahara setzen will, um Nordafrika mit Strom zu versorgen. Bis 2050 werden sich Länder wie Marokko oder Ägypten weitgehend aus Photovoltaik und Windkraft versorgen. Für Europa kommt das Projekt ohnehin nicht in Frage. Dafür müsste man nämlich viel mehr Geld in die Hand nehmen, um lange Stromleitungen zu legen, ausgerechnet durch Gaddafis Libyen und das Mittelmeer. Ich persönlich denke, Desertec ist eher ein PR-Gag. Man muss sich nur anschauen, wer dabei im Boot sitzt. Das heißt nicht, dass solarthermische Kraftwerke in der Stromversorgung Spaniens oder der Vereinigten Staaten keine wichtige Rolle spielen könnten. In der Sahara ist das Unsinn. Ich hoffe nur, dass die Politik nicht die Förderung der wirklich zukunftsträchtigen erneuerbaren Energien kürzt. Als verdeckte Finanzhilfen für die großen Konzerne.

Die Fragen beantwortete Heiko Schwarzburger im September 2009. Der Berliner
Ingenieur ist Fachjournalist für erneuerbare Energien. Im Frühjahr 2007 gründete er die Fachzeitschrift „Photovoltaik“, deren Redaktion er bis Ende 2008 leitete.

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