Energieeffizient Leben im Altbau: bei Familie Krämer kein Widerspruch

20.07.2020 Lesedauer: min Indra Jungblut & Anne Weißbach

Praxistester Familie Krämer mit Baby vor ihrem Haus, das eingerüstet ist.

Für Nanny und Michael Krämer war von Anfang an klar: „Wir kaufen eine Gebrauchtimmobilie und werten diese energetisch auf. Und zwar richtig.“ Denn mit Neubauten haben die Stadtplanerin und der Landschaftsarchitekt aus Nordrhein-Westfalen beruflich schon genug zu tun.

Glückliche Eltern mit kleinen Kindern im Huckepack, die gemeinsam in einem Garten in der Nähe ihres Hauses herumlaufen und Spaß haben.

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Herford, Oktober 2018: Seit 2016 wollen Nanny und Michael Krämer mit ihren zwei kleinen Kindern umziehen – vorzugsweise in einen Altbau. Doch auch nach eineinhalb Jahren Suche haben sie noch immer nichts Passendes gefunden. Dann geht plötzlich alles sehr schnell und sie sind stolze Besitzer eines charmanten Altbaus, Baujahr 1928.

Das Wichtigste über das Haus

Für mehr Informationen bitte scrollen bzw. ziehen

Tabelle mit Eckdaten über das Haus
Über das Haus
• Einfamilienhaus
• Wohnfläche 135 m2
• Baujahr 1928
• zwei Erwachsene, zwei Kinder
Zentrale Wohnraumlüftung
• Baujahr 2018
• Kosten: 15.000 Euro
• Förderung: beantragt
Weitere Sanierungsmaßnahmen
• neuer Gasbrennwertkessel mit Solarthermie
• neues Dach
• Dämmung von Dach, Kellerdecke und Fassade

In einem Altbau leben heißt meistens auch, einen vergleichsweise hohen Energieverbrauch zu haben. „Doch das war für uns inakzeptabel – sowohl finanziell als auch in Bezug auf den Klimaschutz“, sagt Nanny Krämer. Für ihr 90-jähriges Haus schnüren sie daher ein Sanierungs-Komplettpaket: eine neue Heizung mit Solarthermie, ein neues Dach inklusive Dämmung sowie die Dämmung der Kellerdecke und der Fassade. Auch der Einbau einer kontrollierten Wohnraumlüftung gehört zum Sanierungskonzept – für ein gutes Raumklima und um Schimmel zu vermeiden.

Praxistester Familie Krämer vor ihrem Altbauhaus im Gerüst

Lüftungsanlage richtig planen: mit Energieberater und Fachleuten

Da alles sehr schnell gehen muss, lassen sich die beiden von ihrem Energieberater ein Lüftungskonzept erstellen. Von ihm kommt auch die Empfehlung, eine zentrale Anlage einzurichten. Der Typ Lüftungsanlage, der dann eingebaut wird, ist wiederum die Empfehlung ihres Handwerkers.

In der Bauphase sind Nanny und Michael Krämer jeden Tag vor Ort und begleiten vor allem den Einbau der Lüftung aktiv. Dabei gab es leider einige Schwierigkeiten bei der Kommunikation mit dem Energieberater bei der energetischen Bauleitung der Gesamtmaßnahme. Doch mit der Arbeit der ausführenden Firmen sind sie sehr zufrieden. Mit der Fachfirma besprechen sie genau, wo Decken- und Wanddurchbrüche gemacht werden und wo Lüftungsauslässe sein sollen. „Für uns war es wichtig, Lösungen zu finden, die die Möbelstellmöglichkeiten in den Räumen nicht so sehr einschränken“, erzählt Nanny Krämer. Der Einbau der Lüftungsanlage war „ein richtig massiver Eingriff in die Decken und Wände des Hauses“, sagen die Krämers rückblickend – mit viel Staub und Lärm. Die Umsetzung entspricht jetzt aber voll und ganz ihren Vorstellungen.

Expertentipp: Planen der Luftauslässe

„Durch die Verwendung von Weitwurfdüsen kann die Luft parallel zur Decke ohne Zugerscheinungen weit in den Raum eingebracht werden. Der Kanal kann gleichzeitig sehr kurz gehalten werden.“
– Dipl. Phys. Oliver Kah, Passivhaus Institut
Praxistester Familie Krämer plant ihre Lüftungsanlage.

Tipps für die Planung von den Praxistestern

Eine Lüftungsanlage erneuert man nicht alle Tage. Wie geht man am besten vor? Die Krämers haben da ein paar Empfehlungen:

So früh wie möglich mit dem Thema beschäftigen

„Ich empfehle, sich so frühzeitig wie möglich mit dem Thema auseinanderzusetzen, am besten noch vor dem Kauf einer Immobilie. Nach dem Kauf geht meistens alles sehr schnell und dann hat man dafür keine Zeit mehr. Um uns einen Überblick zu verschaffen, haben wir damit angefangen, ganz oberflächlich Fachzeitschriften zu wälzen, zum Beispiel für die Frage, ob es eine zentrale oder dezentrale Lüftungsanlage sein sollte. Denn auch wenn wir aus der Planungsbranche kommen, fehlten uns die spezifischen Fachkenntnisse.“

Schimmel vermeiden

„Wir haben vorher in einer Mietwohnung gelebt, die nicht gedämmt war. Da gab es Betonfensterbänke, die Kältebrücken über den Heizungen gebildet haben. Im Herbst und Winter ist dort immer Schimmel entstanden. In unserem neuen Haus sollte das nicht mehr passieren – auch deshalb haben wir uns für den Einbau einer Lüftungsanlage entschieden.“

Gute Fachfirmen finden – mit Hilfe des Energieberaters

„Wir haben über unseren Energieberater, der auch gleichzeitig unser Bauleiter ist, eine Ausschreibung für jedes Gewerk gemacht. Er hat die örtlichen Fachfirmen angeschrieben, die auf energetisches Bauen spezialisiert sind und mit denen er sehr gute Erfahrungen gemacht hat. In einem ersten Gespräch waren wir dann auch überzeugt, dass sie unsere Wünsche umsetzen werden.“

Energieberater unterstützt bei Förderanträgen

„Die Förderanträge hat unser Energieberater eingereicht. Wir mussten natürlich ein bisschen was dazu beitragen, aber die Hauptanträge hat er ausgefüllt. Das war für uns eine zeitliche Erleichterung.“

Lüftungsanlage richtig einbauen

„Los ging es mit den Durchbrüchen durch die Wand und durch die Decken. Dann haben die Handwerker die Kanäle zu dem Punkt im Haus verlegt, wo nachher die Lüftungsanlage hin sollte und die Lüftungsanlage angeschlossen. Ganz zum Schluss wurden die Abdeckklappen auf die Kanalöffnungen in den einzelnen Räumen montiert. Es war ein richtig massiver Eingriff in die Decken und Wände des Hauses. Das hätte ich wahrscheinlich nicht gemacht, wenn wir schon drinnen gewohnt hätten. Das ist ja nicht nur der Staub und Dreck, sondern auch der Lärm.“

Expertentipp: Außenluftansaugung

„Die Ansaugung der Außenluft sollte so geplant werden, dass möglichst „unbelastete“ Außenluft in die Wohnung gelangt wird. Ansaugöffnungen z.B. an vielbefahrenen Straßen sollten möglichst vermieden werden.“
– Dipl. Phys. Oliver Kah, Passivhaus Institut
Praxistester Krämer überprüft die Lüftungsanlage.

Den Einbau vor Ort begleiten

„Als die Lüftungsanlage eingebaut wurde, waren wir durchgängig vor Ort. Wir haben meistens einmal am Tag mit dem Projektleiter gesprochen, wo genau die Decken- und Wanddurchbrüche sein sollen, bevor die Handwerker losgelegt haben.“

Expertentipp: Installation der Luftkanäle

„Für die Sanierung gibt es inzwischen Lösungen, um die Installation von Luftleitungen zu vereinfachen. Es gibt Kanalsysteme für eine schnelle Montage (z.B. in Stuckoptik), die bereits geeignete Oberflächen für den Raumabschluss beinhalten. Eine zusätzliche Verkleidung der Luftkanäle entfällt hierdurch. Zudem werden sogenannte „aktive Überströmer“ von verschiedenen Herstellern angeboten. Dabei handelt es sich um kleine, leise Ventilatoren, die Räume ohne direkte Luftleitungen aus einem „Frischluftreservoir“ z.B. dem Flur mit Zuluft belüften. Mit dem Konzept können Zuluftleitungen zu ungünstig gelegenen Räumen vermieden werden.“
– Dipl. Phys. Oliver Kah, Passivhaus Institut

Lüftungsanlage: Erfahrungen nach dem Einzug

Nach der intensiven Sanierungszeit hieß es für die Familie: ankommen im neuen Zuhause. Ein Jahr später ist die Familie Krämer sehr zufrieden mit dem Ergebnis. Die Anlage lässt sich einfach bedienen, die Luftqualität ist gut und gerade an heißen Tagen bleibt die Innenluft durch die einstellbare Temperatur der Luftrückgewinnung konstant kühl. Die Krämers freuen sich, dass es während der gesamten Nutzungszeit bisher keinen Reparaturfall oder einen Ausfall der Anlage gab. Negativ finden sie nur, dass sie für den regelmäßigen Check der Anlage länger auf einen Termin bei der zuständigen Fachfirma warten müssen.

Praxistester Familie Krämer in ihrem Altbauhaus

Expertentipp: Wartung

„Zur regelmäßigen Wartung gehören der Filterwechsel und die Überprüfung des Kondensatablaufs. Der Aufwand dafür ist gering und kann bei den meisten Systemen nach einer Einweisung durch den Nutzer selbst durchgeführt werden. Bei Mietwohnungen übernehmen dies häufig Wartungsdienste.“
– Dipl. Phys. Oliver Kah, Passivhaus Institut

Stromverbrauch runter, Zufriedenheit hoch

Da die Krämers kein Energiesparkonto führen und auch keinen gesonderten Verbrauchszähler installiert haben, sind exakte Auskünfte zur Wirtschaftlichkeit der Lüftungsanlage nicht möglich. Aber über den Stromverbrauch der 4-köpfigen Familie freut sich Michael Krämer, denn der ist „im Durchschnitt dem eines Haushaltes mit 2 Personen vergleichbar“.

Zudem haben sie sich die Gesamtkosten der Sanierungsmaßnahme, inklusive der Lüftungsanlage, von ihrem Energieberater durchrechnen lassen. „Dadurch, dass wir jetzt Heizkosten sparen, kommen wir dank Förderungen nach zehn Jahren auf jeden Fall auf ein Nullsummenspiel – wenn nicht sogar auf ein Plus.“

Würden den Krämers sich noch einmal für eine kontrollierte Wohnraumlüftung entscheiden? Die Antwort der Familie ist kurz und eindeutig: „Ja!“

Anne Weißbach

Über die Autorin

Anne Weißbach

Anne Weißbach schreibt seit 2020 für co2online und baut ihre Energiespar-Expertise seitdem beständig aus: Vom Wassersparen über Stromsparen im eigenen Haushalt bis zum Thema Heizen als aktiver Klimaschutz. Außerdem interessiert sie sich dafür, wie unser ökologischer Handabdruck zum Klimaschutz beitragen kann.

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