Klimaangepasster Neubau:
Grundlagen, Tipps, Förderung

04.04.2023 Lesedauer: min Clemens Boekholdt

Paar steht vor einem klimagerechten Einfamilienhaus

Steigende Temperaturen, Starkregen und Überschwemmungen – Expert*innen prognostizieren, dass diese Wetterphänomene in Zukunft weiter zunehmen werden. Wer jetzt einen Neubau plant, hat die Chance, das Eigenheim fit für die Folgen des Klimawandels zu machen.

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Die wichtigsten Fakten auf einen Blick

  • Lage des Grundstücks beachten
  • korrekte Gebäudeausrichtung wichtig
  • ggf. auf Keller verzichten
  • gute Dämmung als Hitzeschutz
  • Begrünung schützt Gebäude vor Folgen des Klimawandels und dient als „natürliche Klimaanlage“

Grundstücksauswahl: Erhöhter Schutz durch sichere Lage

Den Klimawandel bei einem Neubau mitzudenken, fängt schon vor der Planung des eigentlichen Gebäudes an. Denn beim Kauf eines geeigneten Grundstücks sollten Sie bedenken, ob eine heute vielleicht attraktive Lage durch den Klimawandel in wenigen Jahren anders zu beurteilen ist.

  • So sind Grundstücke am Wasser zwar beliebt, werden in hochwassergefährdeten Gebieten jedoch immer problematischer.
  • Auch tiefergelegene oder Grundstücke in Hanglage können besonders bei Starkregen gefährdet sein.
  • Und freistehende oder erhöhte Grundstücke sind bei starken Stürmen erhöhten Windkräften ausgesetzt.

Hilfe bei der Auswahl eines geeigneten Grundstücks erhalten Sie vom GIS-ImmoRisk Naturgefahren. Das geographische Informationssystem (GIS) unterstützt Kaufinteressent*innen, die Gefährdungssituation von Immobilienstandorten durch Naturgefahren wie Starkregen, Wintersturm, Waldbrand, Erdbeben und Hitze einzuschätzen.

Optimale Ausrichtung Ihres Hauses

Ein wichtiger Punkt bei der Planung Ihres Hauses ist die richtige Ausrichtung. Sie kann bei einer falschen Entscheidung später nicht mehr korrigiert werden, den Wert eines Hauses mindern und langfristig zu Beeinträchtigungen führen. Denn nur ein optimal ausgerichtetes Haus verhindert ein Aufheizen durch Sonne im Sommer und kühle Räume im Winter. Um ein Haus optimal auszurichten, orientieren Sie sich am besten an den Himmelsrichtungen und dem damit einhergehenden Sonnenverlauf.

Haus ausrichten an Himmelsrichtungen

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Himmelsrichtung
Auswirkung/Empfehlung
Nordseite
• wenig/keine direkte Sonneneinstrahlung
• keine Fenster
• Gästebad
• geeignet für Garage, Treppenhaus, Hauswirtschaftsraum
Ostseite
• Morgensonne
• kleine Fenster
• Badezimmer
• ggf. Schlafzimmer
Südseite
• ganzjährig Sonne, im Winter ab mittags 
• große Fensterfronten 
• Wohnbereich 
• Dachseite für Solarthermie oder PV-Anlage
Westseite
• im Sommer ab nachmittags Sonne
• große Fenster
• Wohnräume
• ggf. Schlafzimmer 
tabellarische Darstellung Himmelsrichtungen mit Auswirkungen und Empfehlungen

Neubau mit Keller?

Laut Zahlen der Süddeutschen Zeitung und der Bauherr*innen-Beratung Almondia von 2017 verfügen 75 bis 80 Prozent aller Häuser in Deutschland über einen Keller. Aber schon aufgrund der steigenden Baukosten wird immer öfter darauf verzichtet. Stellen Sie sich deshalb eine Frage: Brauchen Sie wirklich einen Keller? Ist keiner vorhanden, kann er nicht volllaufen. Lagerflächen und Stauräume können Sie in der Garage oder auf dem Dachboden einrichten. Denken Sie auch daran, ihre Heizung oder die Technik für eine Wärmepumpe oder Photovoltaikanlage nicht im Keller, sondern in den oberen Geschossen ihres Hauses zu installieren. Denn bei überfluteten Kellern kann Haustechnik große Schäden nehmen.

Hochwasserschutz für den Keller

Bei Hochwasser ist der Keller in der Regel die größte Schwachstelle eines Hauses. Wenn Sie sich für einen Keller entscheiden, ist es vor allem bei einem Bau in einem Hochwasser-Risikogebiet sinnvoll, flüssigkeitsdichte Kellerfenster, einen Rückstauverschluss und den Einbau einer Pumpe für Abwässer aus tiefliegenden Bereichen zu bedenken. Weiteren Schutz bietet ein Gebäudesockel, auf dem Sie ihr Haus errichten. In unserem Dossier finden Sie ausführliche Informationen zum Hochwasserschutz und Tipps zum Versicherungsschutz.

Fenster für den Neubau

Tage mit viel Sonne und hohen Temperaturen werden wir im Sommer immer häufiger erleben. Um zu verhindern, dass Gebäude sich dabei übermäßig erhitzen, sind vor allem die Fenster entscheidend. Große Fensterelemente und ganze Glasbaufronten erfreuen sich zunehmender Beliebtheit, haben jedoch das größte Potenzial zur Erhitzung.

Folgen Sie bei der Auswahl der Fenster nicht nur ihrem persönlichen Geschmack. Denn mit der richtigen Art der Verglasung tragen Fenster erheblich zum Hitzeschutz bei. Dreischeiben-Wärmedämmgläser gelten dabei als echte Umweltschutzfenster. Sie sind in Deutschland der Standard beim Neubau.

In unserem ausführlichen Artikel zum Thema Fenster erfahren Sie, warum Sichtschutzglas besonders gut für den Hitzeschutz geeignet ist.

Die Infografik zeigt, wie Fenster mit Dreifachverglasung funktionieren: Edelgasfüllung und Trocknungsmittel innerhalb der Verglasung sorgen dafür, dass Wärme, Kälte, Lärm, Einbrüche von der Außenseite abgehalten werden, während die Wärmeenergie im Innenbereich bleibt.
Dreifachverglaste Fenster schützen vor Hitze und vor Kälte.

Neubau: Dämmen als Hitzeschutz

Beim Thema Dämmen denken viele an Wärmedämmung, mit der sie im Winter Energie und Heizkosten sparen. Doch eine gute Dämmung lässt nicht nur im Winter die Kälte draußen, sondern richtig umgesetzt auch im Sommer die Hitze nicht rein.

Mit einer guten Dachdämmung bleibt Ihr Haus bei hohen Temperaturen länger kühl. Positiver Nebeneffekt: Gut gedämmte Häuser benötigen keine Klimaanlage und helfen so Strom zu sparen. Das gilt allerdings nicht immer: Im Massivbau hat die Dämmung beispielsweise nur einen geringen Effekt auf die Hitzeentwicklung im Gebäude. Unser ausführliches Dossier zum Thema Dämmen klärt auch über die Vorteile natürlicher Dämmstoffe auf.

Dachüberstände

Planen Sie ihr Haus mit großen Dachüberständen. Diese helfen mit Blick auf den Klimawandel doppelt. Einerseits verringern sie die Sonneneinstrahlung im Sommer und schützen so vor einer übermäßigen Erhitzung des Hauses. Richtig geplant verdunkeln sie Innenräume nur minimal. Andererseits dienen Dachüberstände als Regenschutz. Sie halten Wasser von der Fassade fern und schützen ebenso Fenster und Türschwellen vor direkter Wasserberührung.

Tipp: Helle Fassadenfarbe

Helle Farben für Ihre Fassade reflektieren mehr Sonnenlicht und heizen sie nicht so stark auf. Das hilft, an heißen Sommertagen die Temperaturen im Hausinneren niedrig zu halten. Was viele nicht wissen: Es gibt auch helle Dachziegel, die ebenfalls die Wärmeeinstrahlung reflektiert. Prüfen Sie unbedingt bei Ihrer Kommune, ob diese Ziegeln mit den Vorgaben im Bebauungsplan vereinbar sind.

Garten als Wasserspeicher und Schattenspender

Planen Sie nicht nur Ihr Haus, sondern auch Ihren Garten gleich mit. Denn die richtige Gestaltung unterstützt beim Schutz gegen Hitze und Starkregen. So spenden Laubbäume Schatten und begrünte Dächer und Fassaden wirken wie eine natürliche Klimaanlage

Achten Sie auch darauf, möglichst wenig Flächen rund um Ihr Haus zu versiegeln. Bei Regen können diese Flächen Wasser aufnehmen und erhöhen so den Schutz vor Überschwemmungen. Zudem ist es empfehlenswert, Podeste und Terrassen mit einer leichten Neigung vom Haus weg anzulegen, damit das Wasser bei Regen vom Gebäude wegfließt

Unser ausführlicher Artikel zu Hochwasser- und Starkregenschutzmaßnahmen erklärt, wann der Einbau einer Regenwasserzisterne oder einer Drainage sinnvoll ist.

Extensive und intensive Dachbegrünung im Vergleich

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­
extensiv
intensiv
Standort
Flachdach, Garage, Carport
Dachgarten
Aufwand
gering
hoch
Fachleute einbeziehen
optional
ja
Dachlast
60–150 kg/m²
> 200 kg/m²
Bepflanzung
niedrig wachsende Pflanzen
vollwertiger Garten
genehmigungspflichtig
in der Regel nicht
ja
Nutzungsänderung anmelden
nein
ja
Retentionsdach möglich
ja
ja
Die Tabelle vergleicht die extensive mit der intensiven Dachbegrünung anhand von acht Kriterien, unter anderem geeigneter Standort, Genehmigungspflicht, Aufwand, Dachlast, Bepflanzung

Bei beiden Arten ist eine Ausführung als Retentionsdach möglich. Dabei werden wasserspeichernde Elemente verlegt, die Regenwasser verzögert abfließen lassen, was vor allem bei Starkregen die Kanalisation entlastet.

Von Photovoltaik bis zur Gebäudebegrünung – auch beim Neubau unterstützen Sie Staat und Kommunen mit Fördermitteln und günstigen Krediten. Unser FördermittelCheck zeigt mit wenigen Klicks, was für Sie drin ist.

Gebäudeenergiegesetz (GEG) beachten

Wer neu baut, muss das Gebäudeenergiegesetz (GEG) beachten. Es macht Vorgaben zur Heizungstechnik und den Wärmedämmstandard eines Gebäudes. Durch die Regelungen des GEG werden neue Gebäude nur noch als Niedrigstenergiegebäude errichtet. Das bedeutet, dass der Primärenergiebedarf für Heizung, Warmwasser, Lüftung und Kühlung sehr gering sein muss.

GEG für Neubauten

Für Neubauten schreibt das Gebäudeenergiegesetz vor, erneuerbare Energien zu nutzen. Der Wärme- und Kältebedarf Ihres Hauses muss zu einem vorgegebenen Anteil mit erneuerbaren Energien gedeckt werden. Planen Sie zum Beispiel mit einer Wärmepumpe, muss diese mindestens 50 Prozent Ihres Energiebedarfs decken.

Dabei sind Sie durch das Gebäudeenergiegesetz verpflichtet nachzuweisen, dass sie die Anforderungen des Gesetzes erfüllen. Nach Abschluss aller Arbeiten an Ihrem neuen Haus müssen Sie eine sogenannte Erfüllungserklärung bei der zuständigen Behörde einreichen. In diesem Artikel haben wir Ihnen ausführliche Informationen zu den Zielen und Vorgaben des Gebäudeenergiegesetz zusammengestellt.

Bauen im Lebenszyklus

Denken Sie nicht nur bis zur Fertigstellung Ihres neuen Hauses, sondern betrachten Sie den gesamten Lebenszyklus Ihres Gebäudes. Er wird in der Regel in diese Phasen eingeteilt:

  • Planungsphase
  • Errichtungsphase
  • Nutzungsphase
  • Instandhaltung/ Modernisierungsphase
  • Umnutzungs-/Weiternutzungsphase
  • Rückbau/Abriss
  • Recycling

Wer die dauerhafte Nutzung des Gebäudes von Anfang an einplant, erhält eine langfristig hohe Wohnqualität und sichert sich einen hohen Wiederverkaufswert. Wichtig ist hierbei der effiziente Umgang mit vorhandenen Ressourcen einerseits und nachhaltige Bauweisen andererseits.

Achten Sie also beispielsweise auf die Verwendung natürlicher Dämmmaterialen und hochwertiger Baumaterialien. Dadurch steigen in der Regel die Baukosten der Planungs- und Errichtungsphase, wobei sie aber während der Nutzungs- und auch Sanierungsphase im Vergleich niedriger sind. Für die Anpassung an den Klimawandel machen hochwertige Materialien Ihr Haus resistenter – und ganz nebenbei tragen Sie so aktiv zum Klimaschutz bei.

Clemens Boekholt

Über den Autor

Clemens Boekholt

Clemens Boekholt ist seit 2017 freiberuflich für co2online im Einsatz. Er hat während dieser Zeit Themen wie den Europäischen Emissionshandel oder die Klimafolgen-Anpassung bearbeitet. Inzwischen arbeitet er konzeptionell und als Texter für die Social Media-Kanäle von co2online.

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