Passivhaus:
Energie passiv nutzen

25.03.2024 Lesedauer: min Mirka Jedamzik

Das Passivhaus der Praxistester Familie Küfner in der Frontansicht.

Ein Passivhaus verbraucht 75 Prozent weniger Heizenergie als ein üblicher Neubau. Aber wie funktioniert ein Passivhaus und warum ist es so effizient? Können auch Bestandsgebäude auf Passivhaus-Niveau gebracht werden? Wir erklären Ihnen, wie die beeindruckende Bilanz von Passivhäusern zustande kommt – und zeigen im PraxisCheck welche Erfahrungen Passivhausbauer Wolfgang Geber gemacht hat.

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Die wichtigsten Fakten auf einen Blick

  • Passivhäuser verbrauchen 75 Prozent weniger Heizenergie als übliche Neubauten und bis zu 90 Prozent weniger als Bestandsgebäude
  • Passivhäuser besonders sparsam dank umfassender Dämmung und hocheffizienter Wärmeversorgung
  • Förderung für energieeffizienten Hausbau oder Sanierung auch für den Bau von Passivhäusern
  • Bestandsgebäude lassen sich nach Passivhaus-Standard modernisieren – Umbau ist jedoch aufwändiger
  • Erfahrungsbericht zeigt: trotz höherer Anfangsinvestition rechnen sich Passivhäuser langfristig – in Sachen Kosten und Komfort 

Was ist ein Passivhaus?

Das Passivhaus ist ein Niedrigenergiehaus. Es ist hochgedämmt und lässt sehr wenig Wärme entweichen. Es nutzt passiv vorhandene Wärmequellen wie die Sonneneinstrahlung, die Abwärme der Bewohner*innen und der elektrischen Geräte und die Wärmerückgewinnung der Lüftungsanlage. Eine einfache Zusatzheizung deckt den Spitzenbedarf an den kältesten Tagen.

Die Technik des Passivhauses folgt der Devise: Energie sparen, wo es nur geht. Das Passivhaus stützt sich ausschließlich auf vorhandene Techniken zur Dämmung und zur Wärmeversorgung von Gebäuden. Sorgfältige Verarbeitung sowie natürliche Materialien kennzeichnen die im Passivhaus verbauten Komponenten und Baustoffe.

Die Technik im Passivhaus

Im Passivhaus treffen sich zwei wesentliche technische Strategien: einerseits die bestmögliche Wärmedämmung der thermischen Außenhülle des Wohnhauses. Sie umschließt alle Räume, die im Winter zwischen 19 (Schlafraum) und 22 Grad Celsius (Bad) haben sollen. Andererseits ist ein Passivhaus so gebaut, dass es möglichst viel Sonnenwärme einsammelt, beispielsweise durch große Fenster oder Glasdächer. Damit die Wärmeverluste möglichst gering ausfallen und um im Winter von der Sonnenwärme zu profitieren, werden auf der südlichen Seite oft größere Fenster eingesetzt als auf der sonnenabgewandten Seite.

Passivhäuser brauchen eine technische Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung. Zum einen, um die sehr sinnvolle hygienische Belüftung sicherzustellen. Zum anderen, um die wertvolle Wärme aus der Abluft zu gewinnen: immerhin zwischen 80 und 95 Prozent der Abwärme. Auch die natürliche Körperwärme der Hausbewohner und die Abwärme der elektrischen Geräte (Herd/Ofen, Kühlschrank, Computer und Fernseher zum Beispiel) werden dabei ausgenutzt. Man spricht hier von kontrollierter Wohnraumlüftung.

Das Grundprinzip eines Passivhauses grafisch erklärt

Prof. Dr. Martin Hundhausen zu seinem Passivhaus

Prof. Dr. Martin Hundhausen baute 1998 für sich und seine Familie das erste Passivhaus in Mittelfranken. Er kennt die Vorteile des Wohnens in einem Passivhaus: „Die luftdichte Bauweise verhindert im Winter Zugerscheinungen. Die kontrollierte Lüftung verhindert zu geringe Luftfeuchtigkeit, die gut wärmegedämmten Wände sichern Behaglichkeit. Großartig sind die hellen Räume durch die großen südausgerichteten Fensterflächen. Und im Sommer hilft die Wärmedämmung auch gegen die Hitze – selbst unter dem Dach bleibt es angenehm, weil die Sommerhitze nicht durch das Dach in die Räume kommt.“

Häuser benötigen normalerweise fossile Brennstoffe wie Erdgas oder Heizöl, um in ihnen zu wohnen. Wie gelingt es, von fossilen Brennstoffen wegzukommen und nur noch regenerative Energien zu nutzen?

Das vorrangige Ziel eines Passivhauses ist es, die Wärmeverluste durch das Dach, die Außenwände und die Bodenplatte beziehungsweise den Keller so gering wie möglich zu halten (Wärmedurchgangskoeffizient U-Wert maximal 0,15 Watt je Quadratmeter und Kelvin) und die Lüftungswärmeverluste zu minimieren. Auch der Stromverbrauch der elektrischen Geräte im Haus muss, soweit es geht, gesenkt werden: Der Primärenergiebedarf des gesamten Gebäudes inklusive Haushaltstrom darf jährlich 60 Kilowattstunden pro Quadratmeter Nutzfläche nicht überschreiten. Das Passivhaus betrachtet somit alle Energieverbräuche im Gebäude, nicht nur für Heizung und Warmwasser.

Aus diesem Grund werden Passivhäuser meist kompakt gebaut und es gibt keine architektonischen Spielereien wie Erker. Langweilig oder gar hässlich müssen sie dennoch nicht aussehen. Immer mehr Hersteller bieten Komponenten wie Schiebetüren, Lichtkuppeln und Balkonsysteme an. Diese sind nach Passivhaus-Standard zertifiziert. Planer*innen können mit ihnen die individuellen Wünsche von Bauherr*innen bedenkenlos erfüllen. Wer weniger Planungsaufwand haben will, kann inzwischen auch komplette Passiv-Fertighäuser kaufen.

Energiestandards von Passivhäusern

Die Anforderungen an ein Passivhaus werden durch den Passivhaus-Energiestandard beschrieben und dürfen folgende Werte nicht überschreiten:

Tabelle: Werte für den Passivhaus-Energiestandard

Für mehr Informationen bitte scrollen bzw. ziehen

Heizenergiebedarf
max. 15 kWh/(m2a)
Primärenergieverbrauch (für restlichen Heizbedarf, Warmwasserbereitung, Lüftung und Haushaltsstrom)
max. 60 kWh/(m2a)
Luftwechselrate der Gebäudehülle
max. n50=0,6/h
Wärmerückgewinnung (aus der Abluft)
min. 75 %
Die Tabelle zeigt Werte für den Passivhaus-Energiestandard

Der jährliche Heizenergieverbrauch eines Passivhauses liegt rein rechnerisch bei nicht mehr als 1,5 Litern Heizöl oder 1,5 Kubikmetern Erdgas pro Quadratmeter Wohnfläche. Zum Vergleich: Ein normales Gebäude verbraucht 6 Liter und mehr. Logisch, dass die Heizkosten beim Passivhaus sehr niedrig sind. Grob gesagt liegen sie im Schnitt bei einem Euro pro Quadratmeter und Jahr. „Natürlich ist die Unabhängigkeit bei der Energieversorgung der Hauptvorteil eines Passivhauses. Nur der Passivhaus-Standard würde es im Extremfall sogar erlauben, gar nicht zu heizen und trotzdem im kältesten Winter über die Runden zu kommen“, erklärt Martin Hundhausen.

Passivhaus und KfW-Effizienzhaus: Berechnungsmethoden

Passivhaus und KfW-Effizienzhaus werden nach unterschiedlichen Verfahren berechnet. Die Ergebnisse sind deshalb nicht direkt vergleichbar. Bei der Berechnung zum KfW-Effizienzhaus (geregelt im GEG) wird beim Primärenergiebedarf nur die zum Heizen nötige Energie betrachtet und der Verbrauch bezieht sich auf die gesamte Gebäudenutzfläche.

Die Grafik zeigt den unterschiedlichen Heizenergieverbrauch von 3 Gebäudetypen

Beim Passivhaus-Verfahren, genannt „Passivhaus-Projektierungspaket“ (PHPP), wird nur die beheizte Wohnfläche betrachtet und der Primärenergiebedarf enthält Heizung, Trinkwarmwasser und Haushaltsstrom. Es gibt kritische Stimmen, die die Berechnungsergebnisse nach PHPP des Passivhaus-Institut näher an der späteren Wohnrealität sehen, weil die Randbedingungen realistischer gewählt sind.

Alle Klassen: Heizwärmebedarf nicht mehr als 15 kWh/(m²a)

Tabelle: Die drei Klassen des Passivhaus Instituts

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Passivhaus Classic
Darf nicht mehr als 60 kWh/(m²a) an erneuerbarer Primärenergie* zur Deckung des Bedarfs benötigen.
Passivhaus Plus
Darf nicht mehr als 45 kWh/(m²a) erneuerbare Primärenergie benötigen. Muss mindestens 60 kWh/(m²a) Energie erzeugen.
Passivhaus Premium
Darf nicht mehr als 30 kWh/(m²a) an erneuerbarer Primärenergie zur Deckung des Bedarfs benötigen. Muss mindestens 120 kWh/(m²a) Energie erzeugen.
Die Tabelle zeigt die drei Klassen des Passivhaus Instituts

*Energie für Heizen, Kühlen, Entfeuchten, Warmwasser, Licht, Hilfsstrom und alle Elektrogerät

Ab 2021 europaweit Niedrigst-Energiegebäude

Die Europäische Union hat mit der EU-Gebäuderichtlinie beschlossen, dass ab 2021 in ganz Europa nur noch „nearly zero-energy-building“, also Niedrigst-Energiegebäude, als Neubauten zugelassen sind. Diese Vorgaben werden mithilfe des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) – ehemals Energieeinsparverordnung (EnEV) – in deutsches Recht umgesetzt.

Nullenergiehaus und Plus-Energie-Haus

Bei den Begriffen Nullenergiehaus und Plus-Energie-Gebäude handelt es sich um keine festgelegten Energiestandards. Als Nullenergiehaus wird ein Haus bezeichnet, das rein rechnerisch so viel Energie produziert, wie es selbst für Heizung, Warmwasser und Anlagentechnik verbraucht. Dies wird durch eigene Wärme- und Stromerzeugung durch eine Solarthermie- und Photovoltaikanlage erreicht. Ein Plus-Energie-Haus kann sogar einen Überschuss an Energie erwirtschaften.

Familie Geber

Erfahrungsbericht von Passivhausbauer Wolfgang Geber

„Nie wieder Schornsteinfeger, nie wieder Heizungsprobleme, immer frische Raumluft, ganzjährig angenehmes Wohnklima und sehr geringe Heizkosten – eine sehr gute Entscheidung.“

Zum Erfahrungsbericht

Die wichtigsten Elemente eines Passivhauses

Ein Passivhaus ist das Ergebnis eines reibungslosen und durchdachten Zusammenspiels von energieeffizienten Techniken und fachgerechter Planung und Ausführung.

Die Stärke der Dämmung im Passivhaus kann zwischen 25 und 40 Zentimetern variieren, je nach Wandaufbau und Ausrichtung. Neue Passivhäuser werden in der Regel ohne Keller ausgeführt. Falls trotzdem ein Keller vorhanden ist, kann dieser unter Umständen unbeheizt bleiben. Dann gilt die Kellerdecke als Teil der thermischen Hülle. Entsprechend gut sollte sie dann gedämmt werden. Steht im Keller ein Gasbrennwertgerät oder ein kleiner Holzpelletkessel, sollte man den Keller entsprechend gegen das kalte Erdreich dämmen. Sonst verliert man die kostbare Abwärme der Feuerungsanlagen. 

Über das Dach gehen normalerweise rund 30 Prozent der Wärme eines Gebäudes verloren, denn Wärme steigt nach oben. Deshalb sollte das Dach eines Passivhauses besonders dick gedämmt werden. Ein wichtiges Element sind außerdem mehrfachverglaste Fenster mit besonders gut gedämmten Rahmen.

Überall, wo die Außenhaut des Passivhauses durch metallische Anschlussteile oder Durchbrüche durchstoßen wird, geht Wärme nach außen ab. Das gilt für die Einlaibung der Fenster ebenso wie für Kabelführungen, das Antennenkabel vom Dach, Maueröffnungen für Lüftungskanäle oder Wasserrohre. Sie sind konstruktiv so auszugestalten, dass keine Wärme entkommt. Auf die sorgfältige Bauausführung ist besonders zu achten.

Heutige Neubauten müssen gesetzlich vorgeschrieben luftdicht gebaut werden. Das ist auch die Grundlage des Passivhauses. Da die Bewohner*innen aber im Haus leben, atmen sie Feuchtigkeit und Kohlendioxid aus. Im Bad und in der Küche fällt zusätzlich Feuchtigkeit an, die nach draußen abgeführt werden muss. Früher öffnete man das Fenster, um die Räume zu lüften. Diese Art der Lüftung kühlt die Räume im Winter jedoch aus, damit wäre der hohe Standard eines Passivhauses nicht zu erreichen. 

Deshalb baut man zur Passivhaus-Lüftung eine kontrollierte Wohnraumlüftung mit Abwärmelüftung ein, die die Abwärme aus den Räumen zurückgewinnt und auf die Frischluft überträgt. Das bedeutet nicht, dass die Fenster in einem Passivhaus zum Lüften nicht geöffnet werden können. Sie müssen es aber nicht. Menschen, die unter Heuschnupfen oder anderen Allergien leiden, können von der gefilterten Frischluft profitieren. Natürlich muss die Filtertechnik regelmäßig gewartet werden (siehe auch Fördermöglichkeiten für Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung).

Weil der Heizbedarf so gering ist, benötigen Passivhäuser in der Regel keine große, teure Heizung. Der restliche Wärmebedarf für Heizung und Warmwasser kann auf unterschiedliche Weise erzeugt werden: zum Beispiel über

  • einen kleinen Gas-Brennwertkessel mit zentralem Warmwasserspeicher
  • ein Wärmepumpen-Kompaktgerät, das die Funktionen Lüftung mit Wärmerückgewinnung, Heizung, Warmwasserbereitung und -speicherung in einem Gerät kombiniert
  • einen Holzpelletofen, der im Erdgeschoss für eine gemütliche Atmosphäre sorgt

Auch der Anschluss an das Nah- oder Fernwärmenetz ist möglich.

Das Herz einer klug konzipierten Versorgungsanlage ist ein Pufferspeicher, gelegentlich auch als Solarspeicher bezeichnet. Er sammelt die Wärme aus den verschiedenen Erzeugern und stellt sie den Räumen über Heizkreise oder die Lüftungsanlage zur Verfügung. Solche Versorgungssysteme lassen sich schnell und bedarfsgerecht für jeden Wohnbereich steuern. Das erlaubt großzügige Zuschnitte der Räume, die schnell aufgeheizt werden können. Deshalb bedeutet das Passivhaus auch den Abschied vom traditionellen Heizkörper.

Will man die Abwärme des Kühlschranks oder des Elektroherds für die Wärmeversorgung nutzen, bietet es sich an, die gesamte Technik im Haus über gebäudeintegrierte Steuerungstechnik zu fahren. Auch die Wärmepumpe und die Solarpumpe für die Sonnenkollektoren, der sommerliche Wärmeschutz vor den Fenstern und die Lüftungsanlage lassen sich zentral steuern. Die Regelung muss Temperaturfühler, Sensoren für den Kohlendioxidgehalt und die Luftfeuchte integrieren.

Passivhaus-Komponenten für Bestandsgebäude

Mit speziellen Komponenten ist es möglich, auch Bestandsgebäude zum Passivhaus umzubauen. Doch nicht jedes Gebäude ist dafür geeignet. Will man ein Bestandsgebäude auf den Passivhaus-Standard bringen, wird es etwas schwieriger als bei einem Neubau, bei dem man alle Komponenten von vornherein frei wählen kann. Der Altbau steht ja bereits fest, seine Ausrichtung ist vorgegeben. Die Fensteröffnungen entstanden vor Jahrzehnten, der Keller ist oft feucht und ungedämmt, die Fußböden sind nicht selten verrottet. Dennoch kann sich die Modernisierung lohnen.

Der Markt bietet eine Fülle von speziellen Passivhaus-Komponenten, mit denen man in der Sanierung ein Passivhaus erreichen oder dem Standard zumindest sehr nahekommen kann: Der Wärmeübergangswert der sogenannten thermischen Hülle (Außenhaut) des Gebäudes soll so gering wie möglich sein, um Wärmeverluste durch die Wände, den Keller und das Dach zu minimieren. Sie sollten nicht mehr als 0,1 Watt je Quadratmeter Fläche und Kelvin Temperaturdifferenz zwischen Innenraum und Außenluft abgeben.

Das weltweit erste Passivhaus in Darmstadt-Kranichstein ist seit seinem Bau vor 25 Jahren Gegenstand zahlreicher Untersuchungen. Auch im Jubiläumsjahr prüften die Fachleute das Pionierprojekt bis ins Detail.

So mancher Altbau lässt sich unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten allerdings nicht komplett zum Passivhaus umrüsten. Dennoch sind auch hier sehr hohe Energieeinsparungen machbar. Für diese Fälle hat das Passivhaus Institut den Zertfikatsstandard EnerPHit entwickelt. Solche Gebäude dürfen hierzulande maximal einen Heizwärmebedarf von 25 kWh/(m²a) haben.

Nicht immer passen Passivhausfenster mit gängigen Standardgrößen in die alte Laibung. Das Passivhaus benötigt dreifache Wärmeschutzverglasung mit entsprechend starken und dichten Rahmen, beispielsweise Vollholzrahmen mit Luftkammern. Beim Einbau wird der Rahmen um einige Zentimeter überdämmt. Es ist außerdem zu prüfen, ob Fenster nach Süden vergrößert werden können. Passivhaustaugliche Fenster haben einen Wärmedurchgangskoeffizienten (U-Wert) von höchstens 0,8 Watt je Quadratmeter Fensterfläche und Kelvin Temperaturdifferenz zwischen innen und außen. 

Besonderes Augenmerk verlangen auch die Dachfenster. Denn in normalen Gebäuden geht fast ein Drittel der kostbaren Wärme nach oben über das Dach verloren. Die Laibung der Fenster und Anbauten wie Rollokästen muss man sorgfältig in die Dämmung integrieren, damit keine Wärmebrücken entstehen (siehe auch Informationen zu Fördermöglichkeiten für den Fensteraustausch).

Die zweite Quelle für Wärmeverluste liegt in der Lüftung. Früher genügte der Griff zum Fenster, um Frischluft einzulassen. Doch die kalte Außenluft verdrängt die warme Luft aus den Räumen, wodurch viel Heizwärme verloren geht. Aufgrund der dicken Dämmung spielen im Passivhaus die Wärmeverluste durch die Lüftung die entscheidende Rolle. Weil die thermische Hülle des Passivhauses luftdicht ausgeführt wird, muss eine Anlage zur kontrollierten Wohnraumlüftung in Aktion treten. Andernfalls sammeln sich Schadstoffe, Feuchtigkeit, Kohlendioxid und Keime in der Raumluft an. Spezielle Anlagen wie die sogenannten Rotationswärmetauscher gewinnen sogar die Feuchtigkeit zurück und geben sie an die Frischluft ab. Auf diese Weise kann ein kompaktes Lüftungsgerät als Lüftung, Heizung und im Sommer auch als Kühlung fungieren.

Schwierigkeiten bereitet im Altbau fast immer die Frage, wo die Lüftungskanäle verlaufen sollen. Um möglichst kurze Wege zu erreichen, wird die belastete Luft immer dort abgeführt, wo viel Feuchtigkeit anfällt, also im Bad und in der Küche. Die Einströmventile für die vorgewärmte Frischluft (auch Zuluft genannt) sollten im Wohnzimmer, im Kinderzimmer und im Schlafzimmer liegen. Sie müssen frei sein und dürfen nicht verstellt werden, damit die frische Luft möglichst ungehindert in die Räume eintreten kann. Die Lüftungskanäle kann man aus flachen, ovalen Segmenten aufbauen, die nicht mehr als zehn Zentimeter hoch sind. Sie lassen sich unter einer abgehängten Decke installieren, mit den Anschlüssen zum Kompaktgerät, das im Prinzip überall hängen kann. In einem solchen zentralen Lüftungsgerät kann sich zudem eine kleine Abluftwärmepumpe befinden, die Abwärme aus der Abluft nutzt, um einen kleinen Warmwasserspeicher (zwei Wannenfüllungen: ca. 200 Liter) zu heizen (siehe auch Informationen zu Fördermöglichkeiten für Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung).

Weil in einem Passivhaus kaum noch Heizwärme benötigt wird, entscheidet der Warmwasserbedarf über die Auswahl der Wärmeerzeugung. Deshalb ist es vor der Sanierung notwendig, die Bedürfnisse der künftigen Nutzer*innen genau zu erfassen und zu quantifizieren: Wie viel Liter Wasser werden am Tag von den Bewohnern gebraucht? Wann sind Stoßzeiten der Warmwasserversorgung? Wie viel Zeit hat der Wärmeerzeuger, den Warmwasserspeicher neu aufzuheizen? Die Vorgaben der einschlägigen Berechnungsnormen sind oftmals unzureichend. Denn sie bieten lediglich Anhaltspunkte. Planer*innen müssen also möglichst exakte eigene Berechnungen anstellen.

Entscheidet man sich für Frischwassertechnik, kann ein Pufferspeicher die Erwärmung des Trinkwassers im Durchflussprinzip erledigen. Er gibt seine Wärme über einen effizienten Plattenwärmetauscher an das Kaltwasser ab. Es gibt keine stagnierenden Wasserreservoire mehr. Legionellen gehören der Vergangenheit an. Ein Pufferspeicher eignet sich sehr gut für Solarkollektoren und Luft-Wärmepumpen, die darin ihre Energie einlagern.

Es kann aber auch sinnvoll sein, in einem sanierten Gebäude auf die Bevorratung von Warmwasser zu verzichten. Wer Warmwasser in einem Speicher erwärmt, muss es mehrmals am Tag auf 65 Grad Celsius erhitzen, um die gefürchteten Legionellen und andere Mikroben abzutöten. Sie entstehen, wenn warmes Wasser stagniert, also im Speicher und in den Rohrleitungen zu den Zapfstellen. Erhitzt man das Wasser direkt an der Zapfstelle, etwa durch einen elektrischen Durchlauferhitzer mit Ökostrom, entfällt dieses Problem. Dann kommt man mit 45 Grad Celsius im Warmwasser aus. Das genügt, um Fett in der Küchenspüle zu lösen.

Wärmepumpen sind im Altbau nur begrenzt einsetzbar, denn nicht immer steht ausreichend Fläche am Haus zur Verfügung, um einen Flächenerdwärmeabsorber zu vergraben oder tiefe Erdsonden zu bohren. Geeignet sind dagegen Luft-Wärmepumpen, die man unterm Dach aufstellen kann oder in einem separaten Anbau. Sie nutzen die Außenluft als Wärmequelle. Ihre Energie kann durchaus ausreichen, um den geringen Wärmebedarf eines Passivhauses zu decken. Denkbar ist auch eine Kombination mit Solarthermie (siehe auch Informationen zu Fördermöglichkeiten von Solarthermieanlagen).

Was kosten Passivhäuser?

Die Investitionen bei den Baukosten liegen für ein Passivhaus etwas über denen eines konventionell gebauten Hauses. So kostet der Neubau eines frei stehenden Einfamilienhauses mit 150 Quadratmetern Wohnfläche zwischen 10.000 und 20.000 Euro mehr, um den Standards für Passivhäuser zu entsprechen. Die Mehrkosten sind vor allem auf qualitativ hochwertige Passivhaus-Komponenten (Fenster, Lüftung, Dämmung) zurückzuführen und können durch finanzielle Förderprogramme und den Verzicht auf konventionelle Heizsysteme teilweise aufgefangen werden.

Die Modernisierung von Bestandsgebäuden auf Passivhaus-Niveau ist oft schwieriger und teurer. Der Aufwand für die Dämmung oder den Umbau der Versorgungstechnik ist meist deutlich höher und damit kostenintensiver.

Wer heute ein Haus baut, muss an die nächsten 30 Jahre und mehr denken. Die Energieversorgung wird das wichtigste Thema der Zukunft werden. Man sollte daher das Passivhaus auch als lukrative Geldanlage und Investition in die Zukunft sehen“, erklärt Martin Hundhausen. Für den Neubau eines frei stehenden Einfamilienhauses mit 150 Quadratmetern Wohnfläche rechnen Expert*innen mit 1.200 Euro bis 1.750 Euro pro Quadratmeter. Bei der Modernisierung ist das schwieriger und teurer. Denn hier gehen viele Faktoren in die Kalkulation ein und der Aufwand für die Dämmung oder den Umbau der Versorgungstechnik meist höher ist.

Förderung für Passivhäuser

Der energieeffiziente Hausbau und die Sanierung alter Gebäude werden von der Bundesregierung gefördert.

Für den Erbau moderner energieeffizienter Gebäude gibt es das Programm Klimafreundlicher Neubau. Die Verantwortung für die neue Richtlinie trägt das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB). Die Förderungen werden von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) in Form von zinsgünstigen Krediten vergeben.

Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen am Haus werden über die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) abgedeckt. Hierzu zählen sowohl Einzelmaßnahmen, auch im Rahmen eines individuellen Sanierungsfahrplans (iSFP), als auch Komplettsanierungen zum KfW-Effizienzhaus. Da Passivhaus-Standards die KfW-Anforderungen in der Regel übersteigen, sind Passivhaus-Sanierungen auch von der Förderung eingeschlossen.

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Auf erfahrene Passivhaus-Expert*innen setzen

In jedem Falle sollten sich Bauherren möglichst frühzeitig von erfahrenen und zertifizierten Architekten und Planern beraten lassen. „Im Grunde ist ein Passivhaus bauphysikalisch einfach. Aber es ist dennoch wichtig, eine/n Architekt*in zu suchen, der/die die Bauweise versteht und möglichst schon Erfahrung damit hat“, weiß Martin Hundhausen. So können schon in der Anfangsplanung Fehler vermieden werden, die hinterher die Energieeffizienz des Hauses beinträchtigen oder gar die Förderung aufs Spiel setzen, weil zum Beispiel nicht genehmigte Bauteile verwendet wurden.

Wie groß ist der Nutzen für den Umweltschutz und Klimaschutz?

Ein Passivhaus benötigt bis zu 90 Prozent weniger Heizenergie als konventionell errichtete Gebäude. Das reduziert den Ausstoß von CO2 und anderen umwelt- und klimaschädlichen Emissionen auf ein Minimum. So werden auch fossile Ressourcen wie Erdgas, Öl und Kohle gespart.

Allerdings muss für die Herstellung von Dämmmaterialien auch Energie aufgewendet werden. Wie viel Dämmung ist also sinnvoll? Diese Frage ist nicht leicht und vor allem nicht pauschal zu beantworten. Das Institut Bauen und Umwelt (IBU) betreibt eine Datenbank, in der Ökobilanzen von Bauprodukten beschrieben werden. Einfach zu verstehen sind die Datensätze leider nicht. Wer sich aber einen Eindruck von der Ökobilanz bestimmter Materialien verschaffen will, sollte den Blick in die Datenbank wagen. Einen Überblick bietet unser Dossier zum Thema Dämmung.

Außerdem sind Passivhäuser nicht automatisch ökologisch. Zwar sind sie ohne Zweifel energieeffizient und auch ökonomisch sinnvoll, weil sie durch den geringen Energieverbrauch den Geldbeutel schonen. Wer rundum ökologisch bauen möchte, sollte daher Baustoffe wählen, die aus nachwachsenden, gut recycelbaren und schadstoffgeprüften Rohstoffen stammen und emissionsarm gefertigt wurden. In der deutschen Baustoffdatenbank werden die ökologischen Wirkungen verschiedenster Baumaterialien genau beschrieben.

Portrait von Herrn Geber

Passion fürs Passivhaus – Erfahrungsbericht eines co2online-Lesers

2003 sieht Wolfgang Geber aus dem hessischen Seeheim-Jugenheim zum ersten Mal ein Passivhaus. Dass man mit dieser Bauweise den Energieverbrauch und damit den CO2-Ausstoß drastisch reduzieren kann, weil die Heizung nur noch selten laufen muss, überzeugt ihn sofort. Schon in der Schule konnte der Diplom-Ingenieur der Elektrotechnik nicht verstehen, wieso die Menschheit Öl, Gas und Kohle in Massen verbraucht, ohne intensiv nach Alternativen zu den endlichen Ressourcen zu suchen. Und sollten Passivhäuser eines Tages zum Standard werden, ist man nach Gebers Auffassung damit schon jetzt auf der sicheren Seite.

Seinen Weg zum eigenen Passivhaus hat Wolfgang Geber 2020 mit co2online geteilt.

Die wichtigsten Erfahrungen auf einen Blick:

  • intensiv mit dem/der Architekt*in zusammenarbeiten
  • Passivhäuser rechnen sich langfristig
  • erfahrene Energieberater*innen und Techniker*innen in der Planungsphase einbeziehen

Mit den richtigen Fachleuten zum eigenen Passivhaus

Acht Jahre nach der ersten Begegnung mit dem Thema plant Wolfgang Geber sein eigenes Passivhaus. Zunächst informiert er sich ausführlich, besucht die Passivhaustage, führt Gespräche und lässt sich von einer Passivhausplanerin unterstützen.

Sein Tipp: Angehende Bauleute sollten die Zusammenarbeit mit Fachleuten suchen. Die Expertise von Architekt*innen, Energieberater*innen oder Techniker*innen, die Erfahrungen mit dem Thema Passivhaus haben, ist in der Planungsphase wertvoll.

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Das Objekt

  • Einfamilienhaus mit Einliegerwohnung als Büroräumlichkeiten, 2 Personen
  • Baujahr: 2011
  • Wohn- und Arbeitsfläche: 284 m2
  • Heizenergieverbrauch: 15 kWh/(m2a)

Die Planung ist aufgegangen

Planung und Hausbau verlaufen ohne Probleme. Seitdem Wolfgang Geber mit seiner Frau in das neue Zuhause eingezogen ist, genießt er die frische, gefilterte Raumluft. Er freut sich über angenehm warme Räume im Winter und darüber, dass die Hitze im Sommer draußen bleibt. Und auch heute, nach mehreren Jahren in seinem Traumhaus, ist Geber immer noch rundum zufrieden: „Das Passivhaus ist die beste Idee beim Thema Bauen überhaupt.“

Das Passivhaus-Prinzip in der Praxis

Das Passivhaus von Wolfgang Geber kommt fast ohne aktive Heizsysteme aus. Der Heizwärmebedarf wird mit „passiven“ Quellen wie Sonneneinstrahlung, der Abwärme der Bewohner*innen und der elektrischen Geräte sowie über die Wärmerückgewinnung der Lüftungsanlage gedeckt. Gebers Heizung, eine kleine Wärmepumpe, muss dann nur an sehr kalten Tagen laufen.

Ein Haus, viele Komponenten

Die wichtigsten Komponenten für angenehme Raumtemperaturen im Haus von Wolfgang Geber sind die hochgedämmte und dichte Hülle, die Komfortlüftungsanlage und die Wärmepumpe mit Erdflächenkollektor. Trotzdem kann Geber bei Bedarf wie in einem konventionellen Haus jederzeit die Fenster öffnen. Innen- und Außenbeleuchtung sind außerdem vorwiegend mit LED-Technik ausgestattet.

Langfristig bereichernd

Wegen eines denkmalgeschützten Gebäudes in der Nachbarschaft greift der Ensembleschutz. Auf dem Dach von Gebers Haus dürfen deshalb keine sichtbaren Kollektoren installiert werden, eine Indach-Photovoltaik-Anlage strebt er dennoch an.

Seine Begeisterung für energieeffizientes Wohnen will er weitergeben: War Geber früher noch als Besucher bei den Passivhaustagen dabei, öffnet er heute selber seine Türen für Interessierte. Wolfgang Geber ist sich sicher: Wer langfristig denkt und rechnet, wird schnell erkennen, dass ein Passivhaus auch finanziell eine sehr gute Entscheidung ist.

Mirka Jedamzik

Über die Autorin

Mirka Jedamzik

Mirka Jedamzik ist seit 2016 Teil von co2online. Als Newsletter-Redakteurin hat sie ihr Ohr an der Zielgruppe und versorgt jeden Monat rund 160.000 Haushalte mit Tipps und Infos rund um Energiesparen, Modernisieren und Fördermittel.

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