Praxistest: Rolf Schöninger leistet Überzeugungsarbeit – keine leichte Aufgabe

20.01.2021 Lesedauer: min

Rolf Schöninger vor Mehrfamilienhaus

Als sich Rolf Schöniger Anfang 2015 eine Eigentumswohnung kauft, wusste er gleich, dass er sich aktiv und gestaltend in der Wohnungseigentümergemeinschaft einbringen würde. Seine Motivation ist nachvollziehbar: Er möchte heute schon daran arbeiten, dass Haus und Wohnung in einem guten Zustand sind, wenn er eines Tages das Rentenalter erreicht. Denn dann plant er, in seine Wohnung einzuziehen. Und da die Liegenschaft Ende der 1960er-Jahre nach damaligen Standards erbaut wurde, drängen lang vernachlässigte Themen wie Heizung und die Warmwasseraufbereitung immer mehr …

Die wichtigsten Eckdaten

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über das Haus:
• 3 Häuser, 18 Wohneinheiten
• Baujahr: 1969/70
50% Vermietung, 50% Selbstnutzung
• Hausverwaltung: Gewerblich
• Verwaltungsbeirat: 3 Mitglieder
• Bauausschuss: Nein
Sanierung:
• Dämmung der Dachgeschossdecke (2016)
• Fassadenanstrich (in Planung)
• Austausch Ölheizung (angedacht)
Kosten:
noch offen
Verbrauch:
noch offen
Förderung:
noch offen
Stand:
Oktober 2020
Auflistung der wichtigsten Eckdaten

Die wichtigsten Erkenntnisse auf einen Blick:

  • Beratung von Fachleuten wählen, die über den Tellerrand hinausschauen.
  • Gemeinsame Positionen finden und mit einer Stimme sprechen.
  • Gute Kommunikation ist entscheidend!
Rolf Schöninger vor Mehrfamilienhaus fern

Sulzbach im Taunus, im Oktober 2020. Als aktives Verwaltungsbeiratsmitglied bringt Rolf Schöniger das Thema Heizungserneuerung bei der Wohnungseigentümerversammlung zurück auf die Tagesordnung. Wenige Jahre vor seinem Wohnungskauf wurden in der Wohnungseigentümergemeinschaft bereits Sanierungsmaßnahmen mit energetischem Hintergrund diskutiert. Doch die Initiative für eine neue Heizung scheiterte am Energieberater, der ein utopisches Angebot für eine Pelletheizung vorlegte. Etwas später einigte sich die Wohnungseigentümergemeinschaft wenigstens auf das Dämmen der Dachgeschossdecke.

Ölheizung ohne Zukunft

Die bestehende Ölzentralheizung ist inzwischen gut 20 Jahre alt. In den Wintermonaten fällt sie regelmäßig aus. Auch wenn sich die Heiztechnik jedes Mal reparieren lässt, ist für Rolf Schöniger klar, dass die Anlage früher oder später ausgetauscht werden muss. Nicht zuletzt, weil das Öl in einem unterirdischen Tank unter einem Parkplatz lagert. Schon mehrfach hat der TÜV nach einer Absenkung des Tanks Nachbesserungen gefordert. Und unabhängig von den Verhältnissen vor Ort glaubt Schöniger nicht „an Erdöl als zukunftsträchtigen Energieträger“. Die Preise für Öl werden ab 2021 durch den neuen CO2-Preis absehbar steigen und den weiteren Betrieb der Heizung so immer unattraktiver machen.

Rolf Schöninger im Keller

Kritik und Alternativen

Rolf Schöniger hält eine Gasheizung für eine gute Alternative, eventuell in Kombination mit einer Solarthermie-Anlage. Die benötigte Fläche würde das Hausdach in jedem Fall mitbringen. Doch es gibt in der Wohnungseigentümergemeinschaft auch Mitglieder, die der Heizungserneuerung kritisch gegenüberstehen. „Das sind meist Menschen, die schon viele Jahre in ihrer Wohnung leben“, erklärt Schöniger, „und den Baulärm und größere Ausgaben scheuen“. Andere argumentieren, dass die Heizkosten doch von den Mieter*innen übernommen werden. Sie wollen neue Investitionen vermeiden, um die Rücklagen zu schonen.

Schritt für Schritt zur energetischen Modernisierung

Ob eine Gasheizung mit Solarthermie-Anlage tatsächlich die beste Option für das Haus ist, weiß Rolf Schöniger selber noch nicht mit Sicherheit. Das muss er auch noch gar nicht. Denn wer eine Sanierung sinnvoll und Schritt für Schritt plant, sollte in dieser Phase genau so handeln wie Schöniger: ausführlich Informationen einholen und Mitstreiter*innen finden, um dann einen fundierten Vorschlag in die Eigentümerversammlung einzubringen.

Dabei wünscht er sich mehr Unterstützung der Hausverwaltung. Mit deren Arbeit ist Schöniger generell zufrieden. Aber auf seinen Vorschlag mit der Gasheizung reagierte sie ablehnend und warnte auf der Wohnungseigentümerversammlung vor sechsstelligen Investitionen, die sich nicht rechnen würden. Tatsächlich verfügt das Haus über keinen Gasanschluss. Als Schöniger sich beim lokalen Netzbetreiber über die Anschlusskosten erkundigt, prognostiziert dieser deutlich niedrigere Zahlen im unteren bis mittleren fünfstelligen Bereich. Aktuell ist eine konkrete Anfrage beim Versorger gestellt, die Aufschluss über die tatsächlichen Kosten bringen wird.

 

Kein Druck, keine überstürzten Entscheidungen

Dass es aktuell keinen akuten Druck gibt, empfindet Rolf Schöniger als sehr angenehm. Dies hält er für die beste Ausgangssituation, um ausgereifte Entscheidungen zu fällen. Für die weitere Planung will er nun unbedingt eine/n Energieberater*in hinzuziehen. Auch das ist ein empfehlenswerter Schritt, bei dem der/die Berater*in den energetischen Zustand des Gebäudes vor Ort analysiert und anschließend entsprechende Handlungsempfehlungen gibt. Dabei ist es dem Wohnungseigentümer wichtig, Fachleute mit Weitblick zu finden. Denn vom Blick über die Grenzen des eigenen Fachgebiets hinaus erhofft sich Schöniger mehr Ideen und eine bessere Einschätzung für die Vor- und Nachteile möglicher Maßnahmen. Zudem hat die Hausverwaltung einen Architekten eingebracht, der die Wohnungseigentümer*innen über einen geplanten Fassadenanstrich berät. Sollte er dort überzeugend beraten, könnte er auch weitere Modernisierungsmaßnahmen der WEG begleiten.

Fortsetzung folgt…

Aktuell sucht Schöniger nach einer kompetenten Fördermittelberatung – eine Aufgabe, die in der Regel von Energieberater*innen übernommen wird. Bis zur nächsten Wohnungseigentümerversammlung im Frühjahr 2021 will er gute Argumente für eine neue Heizung sammeln, mit denen er dann auch die Zweifler*innen auf seine Seite bringt. Wir begleiten Rolf Schöniger weiter bei seinem Sanierungsvorhaben und werden über die nächsten Schritte berichten.

Richtig planen und überzeugen – Tipps von Rolf Schöniger

Beratung mit Weitblick gesucht

Rolf Schöninger im Heizungskeller

„Da werden wir schon bei der Auswahl des Beraters darauf achten, dass es jetzt kein reiner Heizungs-Mensch und auch kein reiner Rohbau-Mensch ist. Da brauchen wir jemanden, der über die Ränder seines Ur-Gewerks hinwegschaut. […] ich brauche jemanden, der mir auch Vor- und Nachteile aufzeigt.“

Mit Argumenten überzeugen

„Ich bin vom Typ her jemand, ich muss etwas verstehen, damit ich andere dann auf diese Thematik ansprechen und überzeugen kann. Ich muss konkret wissen: Wie geht das? Was wäre die Lösung? Wenn mir das klar ist, habe ich auch die Argumente für jene, die dem Vorhaben im Moment kritisch gegenüberstehen.“

Mit einer Stimme sprechen

„Im Beirat oder den Ausschüssen sollte man eine gemeinsame Aussage finden. Dafür ist in unserem Beirat viel Diskussion nötig: Wir haben einen Alt-Bewohner, einen Neu-Bewohner und mich als Vermieter. Das sind drei unterschiedliche Standpunkte. Wenn man die aber auf einen Nenner bringt, tritt man in der Eigentümerversammlung mit einer Stimme auf. Das macht ganz viel in Sachen Überzeugungskraft aus.“

Tipp der Redaktion

Sanierungsmaßnahmen planen, durchführen und dann gemeinsam Modernisierungserfolge feiern – mit unserer Anleitung “In 10 Schritten zur energetischen Modernisierung in der WEG“ oder unserem Leitfaden: Energetisch Sanieren schaffen Sie das auch!

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