Thermografie: Funktionsweise, Anwendungsgebiete, Kosten

10.06.2020 Lesedauer: min Clemens Boekholt

Thermografie: Beispiel mit Mehrfamilienhaus links und Aufnahme rechts

Mit Thermografie lässt sich zum Beispiel die Gebäudehülle untersuchen. Je dichter sie ist, desto niedriger ist der Heizenergieverbrauch. Thermografie kann sich bei Ein- und Mehrfamilienhäusern entsprechend schnell bezahlt machen. Eigentümer*innen sollten jedoch typische Fehler vermeiden – am besten mit Hilfe von Fachleuten und Förderung.

Die wichtigsten Fakten auf einen Blick

  • Thermografie kommt unter anderem beim Prüfen der Gebäudehülle und von Anlagentechnik zum Einsatz
  • Aufnahmen und Auswertung nur von qualifizierten Expert*innen durchführen lassen
  • Smartphone-App kein Ersatz für professionelle Thermografiekameras
  • Blower-Door-Test als sinnvolle Ergänzung zur Thermografie

Was ist Thermografie?

Thermografie (auch Thermographie geschrieben) ist ein Verfahren, um die Oberflächentemperatur eines Objekts (zum Beispiel die Fassade eines Wohnhauses) zu messen und bildlich darzustellen. Dadurch lässt sich die Qualität einer Gebäudehülle ermitteln. Thermografie kann sowohl für Ein- oder auch für Mehrfamilienhäuser oder größere Gebäude durchgeführt werden. Die Messung erfolgt mit Hilfe einer Thermografiekamera.

Thermografie kommt auch in vielen anderen Gebieten zum Einsatz: in der Medizin zur Erkennung von Brustkrebs, in Nachtsicht-Assistenten von Pkws oder im Pferdesport zur Feststellung von Doping. 

Wie funktioniert Thermografie und die IR-Thermografie?

Eine Thermografiekamera erfasst nicht das sichtbare Licht, sondern die Wärmestrahlung (Infrarotstrahlung/IR). Denn jeder Körper oberhalb des absoluten Nullpunkts (null Kelvin = minus 273 Grad Celsius) strahlt Wärme aus. Thermografiekameras erfassen diese Wärmestrahlung und geben sie als sichtbares Bild wieder. Dabei funktioniert Thermografie kontaktlos. Man kann mit ihr also Wärmewerte ermitteln, ohne das zu vermessende Objekt zu berühren.

Wichtig: Eine Thermografiekamera ist eine Wärmebildkamera – eine Wärmebildkamera aber nicht automatisch auch eine Thermografiekamera. Denn die Hauptaufgabe von Wärmebildkameras ist es, Personen, Tiere oder andere Körper bei Dunkelheit oder schlechter Sicht zu identifizieren. Das kann eine Thermografiekamera auch. Doch darüber hinaus kann die Thermografiekamera durch die Intensität der Infrarotstrahlung auf die Oberflächentemperatur der zu bewertenden Objekte schließen. 

Wann ist Thermografie sinnvoll?

Der Einsatz von Thermografie kann im Gebäudebereich sowohl bei der Analyse der Gebäudehülle als auch bei der Anlagentechnik hilfreich sein. Bei der Gebäudehülle kann man mit Hilfe von Thermografie den allgemeinen Zustand analysieren, Wärmebrücken und Luftundichtigkeiten aufspüren und Schäden finden. Gerade weil die Aufnahmen der Kamera, die Thermogramme, gezielt Schwachstellen aufzeigen, können Eigentümer*innen genau diese verbessern und müssen nicht gleich das gesamte Haus sanieren. Im Rahmen einer Komplettsanierung kann es sogar sinnvoll sein, die Kamera zwei Mal einzusetzen:

  • vor Beginn der Arbeiten, um den Ausgangszustand zu analysieren und
  • nach Abschluss aller Arbeiten zur Erfolgskontrolle.

Wird die Gebäudehülle untersucht, ist eine ausreichende Differenz zwischen Innen- und Außentemperatur wichtig. Empfohlen werden dafür in der Regel etwa 10 bis 15 Grad Celsius. In den meisten Fällen bietet sich die Heizperiode an, also zwischen Oktober und Mai. 

Thermografie: Wo ist sie noch sinnvoll?

Bei der Anlagentechnik kommt Thermografie zum Einsatz,

  • um Schornsteine zu prüfen,
  • um Leitungen zu untersuchen und
  • Leckagen zu entdecken,
  • um Leitungen zu orten oder
  • Wärmeerzeuger sowie Speicher zu prüfen.

Was ist Wärmefluss-Thermografie?

Auch die Wärmefluss-Thermografie kommt vor allem bei der Anlagentechnik und im Gewerbe zum Einsatz. Für Gebäude spielt sie in der Regel keine Rolle. Für die Wärmefluss-Thermografie wird das zu untersuchende Objekt meist erwärmt oder die Eigenwärme genutzt. Beim Abkühlen wird dann der Wärmefluss per Kamera überprüft. Angewendet wird die Wärmefluss-Thermografie laut Fraunhofer Vision zum Beispiel beim

  • Suchen von Materialdefekten wie Blasen oder Korrosion,
  • Prüfen von Schweißnähten und –punkten,
  • Warten von Rotorblättern (Windkraftanlagen etc. und)
  • Aufspüren von Fremdkörpern (etwas in Lebensmitteln). 

Wer macht thermografische Aufnahmen?

Theoretisch können Sie eine Thermografie-Kamera leihen, um die Aufnahmen selber zu machen. Davon ist allerdings dringend abzuraten. Für thermografische Aufnahmen im Gebäudebereich sollten Sie nur Fachleute engagieren, die eine entsprechende Qualifikation nachweisen können. Das gilt sowohl für das Anfertigen der Aufnahmen wie für deren Auswertung. In den meisten Fällen übernehmen das Energieberater*innen. Die finden Sie nach Eingabe Ihrer Postleitzahl in unserer kostenlosen Expertensuche.

Zwei Männer mit einer Wärmebildkamera in einem Wohngebäude

Was kostet Thermografie bei Ein- und Mehrfamilienhäusern?

Wie hoch sind die Kosten für Thermografie bei Ein- und Mehrfamilienhäusern? Die Preise für eine Thermografie variieren bei einem Einfamilienhaus je nach Anwendungsfall und der Anzahl der Bilder zwischen 200 Euro und 1.500 Euro. Bei einem Mehrfamilienhaus lassen sich die Kosten schwieriger abschätzen. Der Preis ist in der Regel abhängig von der Anzahl der Wohneinheiten und kann erst nach einer Begutachtung des Grundrisses ermittelt werden. Neben den Aufnahmen mit der Thermografiekamera hat auch die Art und der Umfang des schriftlichen Gutachtens Einfluss auf die Kosten. 

Gibt es für Thermografie Förderung?

Für Thermografie gab es lange Zeit im Rahmen einer Vor-Ort-Beratung eine Bonuszahlung vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), die jedoch gestrichen wurde. Dafür bieten oft Kommunen und Energieversorger eine Förderung an. Zudem bezuschusst das BAFA eine Energieberatung. Im Rahmen einer solchen Beratung kann ermittelt werden, ob eine Thermografie sinnvoll ist. 

Wie funktioniert die Thermografie-Auswertung?

Die mit der Thermografiekamera gemachten Aufnahmen, die Thermogramme, geben die fotografierten Objekte in verschiedenen Farbtönen wieder:

  • Warme Stellen werden dabei in der Regel rot dargestellt,
  • mittlere Temperaturen erscheinen gelb (wärmer) und grün (etwas kühler),
  • kalten Stellen ist die Farbe Blau zugeordnet.

Die professionelle Auswertung von Thermogrammen sollten Sie aber immer Fachleuten überlassen. 

Welche Fehler kann man bei einer Thermografieaufnahme machen?

Beim Erstellen von Thermogrammen gibt es viele Fehlerquellen. So kann beispielsweise eine Wand, die kurz vor der Aufnahme noch reichlich Sonne abbekommen hat, zu falschen Ergebnissen führen. Auch spiegelnde Objekte wie Fenster können für Fehler sorgen. Darum gilt bei der Aufnahme der Gebäudehülle die Empfehlung, die Aufnahmen am besten nach Sonnenuntergang anzufertigen. Sie sollten daher nur Fachleute mit entsprechender Qualifikation beauftragen. 

Gibt es eine empfehlenswerte Thermografie-App?

Apps, die vorgeben Thermografiebilder aufnehmen zu können, dienen nur der Unterhaltung. Mit einem handelsüblichen Smartphone allein kann man keine Thermogramme erstellen.

Es gibt jedoch auch Hardware, mit denen Sie Ihr Smartphone in eine echte Wärmebildkamera verwandeln können. Dabei macht nicht die Handy-Kamera das Foto, sondern eine externe Kamera, die an das Smartphone angesteckt wird. Die Ergebnisse lassen sich allerdings nicht mit denen hochpreisiger Thermografiekameras vergleichen. Für eine professionelle Analyse der Gebäudehülle sollten Sie immer Fachleute engagieren. Diese kennen mögliche Fehlerquellen und können das Thermogramm korrekt auswerten.

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Was ist der Blower-Door-Test?

Beim Blower-Door-Test handelt es sich um eine Luftdichtheitsmessung, bei der zuerst ein Unter- und danach ein Überdruck im Gebäude erzeugt wird. Die gemessene Luftdruckdifferenz gibt dann Auskunft über die Dichtheit eines Gebäudes. Im Zusammenhang mit Thermografie wird von Energieberater*innen zusätzlich oft zum Blower-Door-Test geraten. Mit diesem Test werden ebenfalls undichte Stellen an der Gebäudehülle ermittelt, allerdings mit einem anderen Verfahren.
Im Gegensatz zur Thermografie kann man mit dem Blower-Door-Test zum Beispiel auch kleinere Löcher und Ritzen aufspüren. Dafür gibt die Thermografie ein besseres Außenbild der Gebäudehülle wieder. 

Clemens Boekholt

Über den Autor

Clemens Boekholt

Clemens Boekholt ist seit 2017 freiberuflich für co2online im Einsatz. Er hat während dieser Zeit Themen wie den Europäischen Emissionshandel oder die Klimafolgen-Anpassung bearbeitet. Inzwischen arbeitet er konzeptionell und als Texter für die Social Media-Kanäle von co2online.

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