Interview mit Rainer Tepe
von proKlima – Der enercity-Fonds
01.06.2023 Lesedauer: min Minh Duc Nguyen
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Der enercity-Fonds proKlima ist ein Modell zur lokalen, freiwilligen und kooperativen Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen. Finanziert wird er von zahlreichen Städten. Im Interview erklärt sein stellvertretender Leiter, Rainer Tepe, warum er die Entwicklung der Wärmepumpe imposant findet und welche Kosten für eine Luft-Wasser-Wärmepumpe realistisch sind.
Wärmepumpen und Altbau passen zusammen, denn …
Rainer Tepe: … jedes Gebäude lässt sich unter technischen Gesichtspunkten mittels Wärmepumpe beheizen und mit Warmwasser versorgen.
Muss ich mein Haus vorab sanieren?
Rainer Tepe: Häuser müssen in sehr vielen Fällen nicht vorab saniert werden. Die Wirtschaftlichkeit einer Wärmepumpe steigt aber natürlich mit dem Dämmstandard. Und die Qualität der Anlagenplanung, Umsetzung und Systemeinstellungen spielt eine ebenso große Rolle. In etlichen Altbauten werden voraussichtlich zunächst einmal Hybridsysteme zum Einsatz kommen, also Systeme, die noch einen zweiten Wärmeerzeuger haben. Langfristig wird die Wärmepumpe aber alleiniger Wärmeversorger sein müssen.
Mit welchen Kosten sollte ich für die Wärmepumpe rechnen?
Rainer Tepe: Die Auswertung unserer proKlima-Förderanträge aus dem Jahr 2021 hat Kosten von etwa 20.000 Euro bis etwa 30.000 Euro für Luft-Wasser-Wärmepumpen ergeben, stark abhängig davon, in welchem Umfang das Heizungssystem optimiert wurde. Beim nachträglichen Einbau einer Fußbodenheizung lagen die Kosten zum Teil noch um einiges höher, zum Teil auch bedingt durch den Einbau hochwertiger Bodenbeläge mit einer entsprechenden Aufwertung der Wohnqualität. Bei Sole-Wasser-Wärmepumpen kommen je nach Gebäudestandard und Art der Erdwärmenutzung 10.000 bis 15.000 Euro hinzu.
Aufgrund der angespannten Marktlage sind die Kosten in den letzten beiden Jahren noch weiter angestiegen, sodass auch viele Umsetzungen im Einfamilienhaus bei Luft-Wasser-Wärmepumpen schon über 35.000 Euro liegen. Bei Förderquoten bis zu 60 Prozent relativieren sich diese Kosten schon beträchtlich. Der reine Invest bleibt aber deutlich über den Kosten für eine Kesselerneuerung. Unsere Vollkostenrechnungen sehen dennoch die Wärmepumpen zum Teil deutlich im Vorteil, bedingt durch die Förderung und die 2021 eingeführte CO2-Bepreisung.
Welcher Wärmepumpen-Irrtum hält sich Ihrer Meinung nach am hartnäckigsten?
Rainer Tepe: Dafür, dass die Wärmepumpe vor 3 bis 4 Jahren sehr vielen noch gänzlich unbekannt war, haben sich die Vorurteile und irrtümlichen Bewertungen in den letzten 12 bis 15 Monaten sehr stark vermindert. Für einen solchen Wandel in der Technik zur Wärmeversorgung ist das schon sehr imposant, der Brennwertkessel hat schon etliche Jahre gebraucht, bis er Standard geworden ist.
Auf Veranstaltungen zum Thema findet sich mittlerweile viel Aufgeschlossenheit und ernsthaftes Interesse an dieser Heizungstechnik. Dennoch bleiben weiterhin Zweifel, ob es warm genug wird, ob es in „meinem Haus geht“ und ob das überhaupt bezahlbar ist. Hier ist weiter breite Aufklärung notwendig, gute Energieberatung und sachkundige Fachbetriebe, die ja zum Teil auch Neuland betreten bzw. bereits betreten haben, sind dann der Schlüssel, um Hausbesitzende vom Einbau einer Wärmepumpe zu überzeugen.
Welche Erfahrungen gibt es im Ausland, wie etwa in Skandinavien?
Rainer Tepe: Passenderweise habe ich während meiner beruflichen Station an der Dalarna Universität in Schweden auch an einem Wärmepumpenprojekt gearbeitet. Für unsere Versuchsanlage haben wir eine Erdsonde mit einer Tiefe von 145 Metern in den Granit im Garten des Institutsgebäudes installieren lassen. In Schweden sind aufgrund niedriger Strompreise in den 60er- und 70er-Jahren viele Häuser mit Direktstrom beheizt worden. Der Preisanstieg in den 70er-Jahren und die Ölkrisen haben aber ein Umdenken bewirkt, sodass auch mit staatlicher Unterstützung die Wärmepumpentechnologie stark entwickelt und vorangetrieben wurde. Auch erste Rückschläge in den 80er-Jahren konnten die Entwicklung nicht stoppen.
Seit Mitte der 90er-Jahre gab es relativ kontinuierliche Anstiege bis auf ein jährliches Niveau von 50.000 bis 75.000 Geräten. Und der mittlerweile hohe Strompreis hat auch die Umrüstung der mit Direktstrom beheizten Häuser stark forciert. Zumindest können wir daraus lernen, dass auch schnelle Erfolge möglich sind, wenn Staat, Gesellschaft und Industrie es richtig anpacken und wollen.
co2online: Vielen Dank für das Gespräch!